Sucht… (2. Teil)
Romina wühlte wie verrückt nach der Box mit Feuchttüchern auf dem Boden ihrer Tasche, und als ihre Hand sie fühlte, stieß sie ein befreiendes Seufzen aus. Elfenbein hatte derweil Höschen angezogen, viel zu klein für ihren Umfang, und der Dürre, starr vor Angst, verfolgte sie mit dem Auge, ohne einen klaren Gedanken fassen zu können. Romina machte sich untenrum sauber, ohne sich den Kopf zu zerbrechen, ob der sie sehen könnte.
„He, du kleine Schlampe, wir sind noch nicht fertig. Siehst du nicht, dass…“
„Ich sehe es“, sagte Romina und rieb entsetzt weiter, „dir ist es auf die Hose gespritzt und die Viertelstunde ist um.“
„Wir sind aber nicht fertig geworden, Mann.“
„Wegen diesem Aufschneider.“
„Als ob es unsere Schuld wäre.“ Elfenbein war wieder völlig gefasst. „Wir sind fertig für heute, wir sind jetzt müde.“
„Wage ja nicht daran zu denken.“ Der Dürre war sich nicht sicher, ob er sich so aufregen sollte oder nicht. In der Zwischenzeit steckte er sein Teil vorübergehend in die Hose, so ließ es sich besser denken.
Jasminas Freier befahl dieser, sich nicht zu bewegen und ging, um vom Dürren Anweisungen zu holen. Er klopfte an die Scheibe. Was willst du? Nichts, was machen wir jetzt? Bist du fertig geworden? Nee. Ich würde sagen, lass uns erst mal eine rauchen und dann sehen wir weiter. Ja, du hast Recht.
Sie stiegen aus dem Auto. Auch die anderen beiden stiegen aus. Die Frauen verblieben im Wagen, steif vor Ermüdung. Madonna zog aus ihrem Handtäschchen eine kleine Coca-Cola-Flasche, machte die Fahrertür auf und schrie:
„Mädels, wer will einen Schluck?“
„Ich“, rief Ekstaza, sprang aus dem Auto und ging zu ihrer Kollegin. Blitzschnell versammelten sie sich Kopf an Kopf in der Finsternis und ließen die Coca-Cola-Flasche kreisen.
„Bäh, was für ’ne Nacht, Mädels, ich würde sterben für’n bisschen Schlaf“. Elfenbein streckte sich und ging zurück zu der Gruppe der Männer. Huren und Freier sahen sich an. Wieso ist mir nicht aufgefallen, dass ich ausgerechnet den Hässlichsten abbekommen habe? fragte sich Madonna beleidigt, wenn sie doch wenigstens ab und zu ein klein wenig ästhetisch wären. Elfenbein zündete sich auch eine an.
„Jetzt lasst das Geld sehen, wir nehmen unser Zeug, und ihr bringt uns ins Zentrum, okay?“ Madonnas Stimme klang autoritär.
„Kommt gar nicht in Frage“, sagte ihr stotternder Fettwanst, „verkauft ihr uns für dumm, dass wir bezahlen sollen, ohne auf unsere Kosten gekommen zu sein?“
„Ich hab’s ja versucht“, verteidigte sich Romina mit tränenerstickter Stimme, die noch immer sehr kindlich klang, „was kann ich dafür, wenn du dich einsaust. Ich brauch das Geld.“
„Meine Frau auch“, sagte mit einem schleimigen Grinsen Jasminas Kunde, der Jüngste. „Sie wollte einen neuen BH kaufen, das Dumme ist nur, dass sie nichts zum Reintun hat, hi hi hi.“ Seine Stimme klang wie die einer Eule.
Elfenbein ging nachdenklich auf und ab und das glühwürmchenartige Ende ihrer Zigarette verlor sich in akrobatischen Kunststückchen in der Nacht, die den Schlaf der Menschheit betrog. Die Männer drückten ihre Kippen aus.
„Ich schlage vor“, sagte der Dürre, „wir machen es alle zusammen im Stehen, hier hinter den Bäumen, aber wir zahlen keinen Cent drauf, und damit sind wir quitt.“
Die Frauen berieten sich, keine wollte sich das Geld entgehen lassen.
„Gut“, sagte Madonna zerknirscht. Sie schleppten sich in Richtung Bäume. „He, Küste, hast du gehört, was abgemacht ist?“
„Mädels, hey! Mädels. Dieser Dreckskerl hat uns die Kleider abgenommen, wir sind erledigt!“
Zum Teufel, wie das, wer sagt das, Gott im Himmel. Sie stürzten alle zu der Stelle, auf die Küste zeigte, gefolgt von den aufgeschreckten Freiern.
„Der Sack, der Kleidersack ist weg! Unsere Sachen, und ich hatte ganz neue Schuhe, Mädels, wir sind am Ende…“
„Jetzt reicht’s aber mit deinem Gekreisch, du Zicke! Wir haben’s alle gehört.“ Jasmina sprang auf, in der sinnlosen Hoffnung, der Sack könnte im Container gelandet sein.
Dieser Hund das Hirn soll ihm platzen diesem verdammten Scheißkerl der hat sie genommen und was nun Mädels der Rock und die Bluse ich hatte sie erst einmal an schrecklich unglaublich so was ist uns ja noch nie passiert oh der Schuft.
„Hey, hey, hey, genug jetzt, ihr treibt uns noch zum Wahnsinn, die Welt geht doch nicht unter wegen ein paar Klamotten.“ Der Dürre war noch schockierter als die Nutten. „Bringen wir’s zuende und mit unserem Geld geht ihr neue kaufen.“
Niemals nie ich will meine Kleider die waren nagelneu wieso haben wir das nicht gemerkt dass er auch unseren Sack genommen hat oh mein Gott Mädels was für eine fiese Nacht ich wusste irgendwas läuft schief.
Erschöpft, keuchend und aufgewühlt hielten sie inne. Nutten und Freier sahen sich an.
„Ihm hinterher.“
„Ihm hinterher, und das andere gibt’s von uns frei Haus.“
„Abgemacht.“Die Vorhut, der Dürre, Elfenbeinküste und die nervöse Romina, rasten durch die Nacht mit einer enormen Verantwortung auf den Schultern, denn von ihrem Erfolg oder Versagen während dieser Verfolgungsjagd hing das ganze Unternehmen ab.
„Zu guter Letzt wissen wir ja, wohin er fährt“, sagte schon fast erleichtert Rominas Stotterer. „Der entwischt uns nicht.“ Er zog aus seiner Tasche eine Tüte Haselnüsse: „Magst du?“
„Jetzt nicht, mir ist der Appetit vergangen.“
„Stress dich nicht, den finden wir, in welcher gottverdammten Fotze will er sich denn verstecken? Woher kommst du?“
„Polin.“
„Hhhmm“, machte der Stotterer.
Was hhhmm, dachte Madonna nervös und betrachtete verstohlen sein hässliches Profil. Hätte er ihr nicht diesen Gefallen getan, den er ihr ja gar nicht schuldete, sie hätte dieser Visage eine Ohrfeige verpasst. Er hatte so eine Fresse, die geradezu nach Ohrfeigen rief. Er fuhr sein Auto und bemühte sich, den Vordermann nicht aus den Augen zu verlieren. Sie kamen nun in den besser beleuchteten Teil der Stadt und der Verkehr wurde auf einen Schlag dichter. Ach, wie gerne würde ich ihm eine kleben, träumte Madonna müde vor sich hin.Da ist er ja, da auf dem Mittelstreifen, schrie Jasmina und kratzte sich die Brust, die ihr immer um diese Zeit, frühmorgens, wenn sie noch nicht ins Bett gekommen war, wie wahnsinnig juckte. Oh nein, sagte der Freier, unmöglich. Warum? Seit der Schuft mit den Säcken abgehauen ist und wir uns entschlossen haben, ihn zu verfolgen, ist viel Zeit vergangen und… eine einfache Rechnung, oder? Jasmina zuckte mit den Schultern und fuhr fort, sich an den Brüsten zu kratzen, besonders die linke wollte keine Ruhe geben. Hör auf zu kratzen, rief der Freier, sonst kriege ich selber Lust, nahm eine Hand vom Steuer und begann, sich zwischen den Beinen zu kratzen.
Romina saß auf dem Rücksitz herum, in sich eingerollt unter einer Decke des Freiers. Sie wurde sanft vom Lärm der Hauptstraße geschaukelt, auf die sie einen Augenblick zuvor gefahren waren. So üble Freier waren es ja gar nicht, dachte sie, bevor sie endgültig einschlief, wer tut einem heutzutage schon so einen Gefallen, nachts einen Dieb zu verfolgen, der ihnen die Kleider stiehlt. Wer tut…
„Hey, Romina, schläfst du?“ Elfenbeinküste war kalt, ihre Lippen zitterten. Als sie sich überzeugt hatte, dass Romina sie nicht mehr hörte, wand sie sich dem Dürren zu und besah ihn sich einen Moment lang. Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter. Er hatte sich in einer unwirklichen krampfhaften Starre hinter seinem Steuer verloren und zuckte zusammen.
„Fass mich nicht an, wenn ich fahre, siehst du nicht, was das für ein Verkehr ist?“
„Entschuldigung. Entschuldigung, ich wollte nicht… Oh Gott, lass uns bloß das Schwein finden.“
„Den Wichser finden wir schon. Hat uns diese schöne Nacht versaut, seiner Mutter werd ich’s besorgen. Seit Ewigkeiten hatten wir das geplant. Dem werden wir’s zeigen, uns so auf dem Trockenen zu lassen, gerade, wo’s am Schönsten war.“
„Keine Sorge, wir gelten das doppelt ab.“
Elfenbein liefen die Tränen herunter. Wenn sie nicht wüsste, in was für Schwierigkeiten die anderen Mädchen steckten, und ganz besonders die arme Romina, die keinen Cent in der Tasche hatte, sie hätte auf die Kleider geschissen, sollte der Schuft doch seinen Spaß dran haben.
„Ne, oder? Du fängst mir jetzt nicht zu flennen an“, sagte der Freier höflich. „Das Geheule kann ich dreimal wöchentlich bei meiner Frau zuhause haben. Eine Träne, und du fliegst raus, hier mitten auf der Straße. Er trat voll auf die Bremse, mit allem, was sein Fuß hergab.
Der Stotterer mit Madonna bremste schaudererregend ab, so dass sich der Wagen um die eigene Achse drehte, ebenso wie alle anderen dahinter.
„Luka, du Held, was baust du für eine Scheiße?“
Der Dürre, der auf den Namen Luka hörte, gab erneut Gas und Elfenbein, die vor Schreck die Augen geschlossen hielt, fing nur noch mehr zu weinen an. Das Hupkonzert mitten auf der Straße machte die Situation umso verzweifelter mit seinem Chor farbenfroher Flüche und Verwünschungen.
Als sich die Lage mehr oder weniger beruhigt hatte, fühlte Elfenbein die Hand von Romina, die ihr schweigend die Schulter streichelte.
„Meine Schuld“, sagte das junge Mädchen, „war es meine Schuld?“
Der Dürre war besänftigt, vielleicht auch verängstigt von seinem eigenen unkontrollierten Verhalten, das er kurz zuvor an den Tag gelegt hatte. Er drehte sich halb um zu den Puttanen:
„Was mischt du dich jetzt auch noch ein? Es reicht, Mädels, wir sind fast da, beruhigt euch, wir biegen nun von der Hauptstraße ab und sehen uns in diesem Müllzentrum rechts um, noch einen Kilometer.“„Wenn ich den kriege, besorg ich’s seiner Mutter, diesem Arschloch, und dann soll er nochmal mitten in der Nacht die Kleider schuldloser Mädchen stehlen, die Schwuchtel.“
Ekstaza, die gleichgültig mitfuhr, in ihrer vollen Länge ausgestreckt auf dem Sitz neben dem Freier mit lächerlich zerzausten Haaren, fuhr fort, ihre schokoladenfarbenen Schenkel zu massieren. Woher wusste er, dass der Dieb eine Schwuchtel war? Vielleicht war er keine, sondern handelte einfach mit gestohlenen Kleidern.
„Von mir waren nur die Schuhe ganz neu da drin“, sagte sie kraftlos. „Wegen denen tut es mir schon leid, denn ich hatte sie nur zweimal an, und sie verliehen mir das Aussehen einer Bankkauffrau, deshalb will ich sie wiederhaben. Ich war über eine Stunde in dem Laden, bevor ich mich entschieden habe. Mehr als den Wert der Schuhe hat dieser Schuft mir den Wert der Zeit gestohlen. In einer Stunde schafft eine wie ich vier bis fünf Kunden.“
Der Kunde lachte und fuhr von der Hauptstraße ab, wie seine Kollegen. Wie sehen denn Schuhe von Bankkauffrauen aus? Hi-hi-hi. Er schüttelte den Kopf und grinste einige Minuten lang, Ekstaza schaute ihm angeekelt zu, ohne mit dem Streicheln der Beine aufzuhören.Vor zwei Monaten hatte ihr ein Kunde gesagt, während er zum vierten Mal auf ihren Schenkeln abspritzte, es sei eine Sünde, dass sie in Bologna auf den Strich ging. Wäre sie in Los Angeles, mit diesen Beinen, die ihr die Mutter geschenkt hatte, könnte sie beim Film arbeiten. Wieso, was hat der Film mit Beinen zu tun? Dummchen, viele von den Filmmillionären, Superstars, haben abscheuliche Beine, weshalb sie in den Nacktszenen andere Beine benutzen, sie haben Doubles, tricksen bei der Aufnahme, verstehst du? Nimm zum Beispiel Michelle Pfeiffer, oder Susan Sarandon, das sind doch keine Frauenbeine, das sind Stecken, daran hat man doch keinen Spaß!
Nun mal langsam, du Lackaffe, du hast eine sehr lebendige Phantasie, hatte ihm Ekstaza gesagt, die nie den Sinn für die Realität verlor, was haben meine braunen Beine mit dem milchweißen Gesicht von Michelle Pfeiffer zu tun? Währenddessen hatte sie das Sperma abgewischt und mit dem Papiertaschentuch in der Hand auf ihre Mulattenbeine gezeigt, kein unwichtiges Detail, wenn sie das Geschwätz schlucken sollte, was der Produzent dieser klebrigen Masse von sich gab.
Hm, du hast recht, hatte er gesagt und machte – zzzip – mit dem Reißverschluss seiner Hose, wo nun Gott sei Dank dieses unersättliche Ding versteckt war. Trotzdem, das tut der Schönheit deiner fantastischen Beine keinen Abbruch. Er zerbrach sich weiter den Kopf, während sich Ekstaza angezogen hatte und denken musste, dass er zumindest gutmütig war und sie mit etwas Menschlichkeit behandelte, indem er ihre Beine pries. Whoppi Goldberg! Eine außergewöhnliche Schauspielerin, aber scheußlichere Beine kann man sich kaum vorstellen. Du kannst Whoppi Goldberg doubeln! Sein Blick war triumphierend gewesen. Gewäsch! Ekstaza hatte ihn mit einem verächtlichen Blick vernichtet. Hübscher, das Geld bitte und erspar mir deine Lobreden, die kauft dir keiner ab. Schwarze und Mulatten haben märchenhafte Körper, sieh dir Angela Bassett an, nur als Beispiel. Wer ist das? Ach, was für ein Ignorant, hatte Ekstaza geseufzt, mit wem rede ich überhaupt, beim Film wäre ich arbeitslos und würde an Hunger sterben, trotzdem schmeichelt mir deine Meinung, warum sollte ich das leugnen?„Hi-hi-hi“, grinste der Kunde, als die Autos in der Nähe der zentralen Müllhalde anhielten, wo keine Menschenseele und auch kein Lastwagen zu sehen war.
„Alle Frauen aus meiner Familie sind bei der Bank, in jeder Generation, meine Mutter war sogar Bankkauffrau, aber jetzt ist sie in Rente, hi-hi-ha, werd sie mal fragen, was für Schuhe Bankkauffrauen tragen.“
Halt die Klappe, dachte Ekstaza verächtlich. Schämst du dich gar nicht, den Namen deiner Mutter in einem Auto voller Nutten in den Mund zu nehmen.
Alle stiegen aus, die Frauen erschöpft von der Quälerei, die Männer einerseits genervt und andererseits mit stolzgeschwellter Brust unter dem ritterlichen Mantel von Rettern. Sie sahen sich um. Die Frauen hatten bereits blaue Lippen von der Kälte. Es dämmerte, zwei idiotische Hähne glaubten, dass ihr dumpfer Gesang dieser Geschichte etwas Romantik einflößen könnte.
„Verreck doch!“ verfluchte sie Jasmina. „Aber was tun wir jetzt, Leute? Ich will nach Hause, ich bin wie tot.“
„Ihr geht nicht von hier weg, bevor wir diese Sache erledigt haben, wegen der wir gekommen sind, wir haben unseren Teil getan. Der Schuft müsste hier irgendwo sein, das ist die Müllkippe.“
„Ja genau: hier irgendwo“, unterbrach ihn Madonna. „Vielleicht kommt er, vielleicht lädt er gerade irgendwo anders Müll ein und kommt erst später hierher.“
„Also wir besorgen es euch jetzt allen zusammen, eine Orgie, an die man sich erinnern wird, und falls er kommt, bis wir fertig sind, erledigen wir auch das noch. Falls er nicht kommt, haben wir nicht vor, in der ganzen Stadt rumzufahren mit fünf Nutten im Gepäck.“
Die Frauen blickten sich verzweifelt an. Romina wirkte winzig klein unter der Decke des Freiers, die sie eng um ihre Schultern zog. Alle Blicke ruhten nun auf der Anführerin. Die schüttelte den Kopf, biss sich auf die Unterlippe und nagte mit ihren Zähnen daran, was ihre Nervosität verriet.
„Wir zahlen keinen Cent“, setzte der Dürre zum letzten Schlag an. „Wenn der Boss davon erfährt, dass ihr uns gezwungen habt, dieses Abenteuer die Nacht hindurch zu veranstalten und uns dann nicht zufriedengestellt habt… ihr seid uns was schuldig.“
„Forca, Frauen, bringen wir diese Schweinerei hinter uns.“
„Ich mache es nur nach der bisherigen Aufteilung, mit einem, auf Orgien war ich noch nie scharf“, wagte Jasmina zu sagen.
„Und wer zum Teufel hat dich gefragt, was dir gefällt? Entweder alle, oder es gibt nichts, ihr wisst besser, wem ihr die Rechnung zeigen müsst.“ Der Stotterer wies auf sein Auto: „Meins hat Platz genug, hier machen wir’s, schnell, wir haben genug Zeit verloren.“
Die Frauen fügten sich und zogen sich aus. Die feinen Freier gaben in ebenso feiner Weise Anordnungen, welche oben und welche unten zu sein hatte, welche lecken und welche stöhnen sollte. Leider hatten die idiotischen Hähne mit ihrer Idiotie aufgehört, so dass der einzige begleitende Laut bei dieser Orgie das ferne Dröhnen der erwachenden Stadt war. Lutschen, Keuchen, Fleischknäuel, die ineinander eintraten, Protest der Frauen, Gestank von Seelen, die mit der Geschwindigkeit des Lichts verwesten, ein Orgasmus, begleitet von einem seltsam reinen Wortschatz, ein neuer Befehl, dass eines der Mädchen ein anderes ersetzen sollte in einem der verschwitzten Geschlechtsteile, oh nein, nicht von hinten, das habe ich noch nie gemacht, hier rein sag ich, weiter du, nimm den Freund in den Mund, warum bringst du mich nicht in Gang du kleine Schlampe, nein, nicht von hinten, hab ich gesagt, ich bin neu in der Branche, nie zu spät dazuzulernen, gib mir’s, wie ich’s gesagt habe und zwar sofort.
„Lasst sie in Ruhe, sie ist zu jung“, mischte sich Elfenbein ein, „ich mach das.“
„Zu dir komm ich später. Du, hierher, und stell dich nicht so an!“
„Bitte, nein“, bat Romina, „ich mache alles, was ihr wollt, nur das nicht.“
„Ich will aber das, und damit Schluss.“
„Nein!“
Romina sah Sterne vor den Augen von den Ohrfeigen. Dem Dürren tat die Hand weh, so fest hatte er zugeschlagen. Die anderen machten wie ein Hunderudel weiter, als hätten sie nichts gehört, das Mädchen brach in Tränen aus. Der Dürre drehte sie mit Gewalt um und sie wurde erdrückt von Schluchzern und wusste nicht mehr, was sie tun sollte.
„Ey, du Tier“, schrie Ekstaza und stieß den Dürren mit der Faust, in der sie eine Vaselinetube hielt, „reib es wenigstens damit ein.“
„Wen nennst du Tier, du Nutte?“ und fapp, ein Fausthieb in Ekstazas Bauch, die es ihm mit gleicher Münze heimzahlte, doch der Stotterer, dem es in diesem Moment auf Jasminas Haaren kam, hatte genug Zeit, ein Bein zu heben und der Anführerin einen Tritt zu verpassen, die vor Schmerz aufschrie. Währenddessen riss der Dürre Rominas Fleischhälften auseinander, die mit geschlossenen Augen dachte: Gott sei Dank sieht uns der Mond jetzt nicht, Gott sei Dank, dass sich der Mond versteckt hält und das Morgengrauen eher einer Abenddämmerung ähnelt. Der Dürre schändete die einzige Stelle, die ihr bis dahin unberührt geblieben war, und inmitten der schrecklichen Schmerzen wollte sie wenigstens keinen Lärm hören, sie wollte wenigstens nicht den Lärm dieser Leiber hören, sie wollte keinen Lärm, wenigstens das.
Ihr Kopf schlug beinah auf dem Autoradio auf, sie öffnete aber nicht die Augen, und der Dürre tobte sich an ihrem Hintern aus, während die anderen zum Ende kamen, endlich zum Ende kamen. Sie fühlte, wie die Gewichte nachließen und der Luftdruck im Auto seine Form veränderte, jetzt sahen die anderen sicher ihre Gestalt, zwischen dem allgemeinen Chaos.
„Mach, dass sie mich nicht sehen, mach, dass ich mit meinem Kopf dieses Radio ankriege, lieber Gott“, sagte die Gepeinigte. Gott erhörte sie. Der Dürre stieß so tief in sie hinein, dass der Frauenkopf genau auf dem Radioknopf landete.
Uh, wie schön, oh ja, oh… 2. Klavierkonzert Opus 18 in c-Moll, am Klavier Lilya Zilberstein, was für ein Fick, ja, oh ja…
Das ganze Orchester, feierlich, großartig, göttlich, seelentröstend, seelenbefreiend, brach auf einmal los in dem Wagen, gemeinsam mit dem Tier, das sich in den letzten schnellen Bewegungen erging und sich an der zarten Hüfte des Mädchens festhielt. Doch das Orchester fuhr fort, fuhr fort, fuhr fort, und die anderen wurden immer blöder mit ihren Sachen in der Hand, hier und da war noch ein Schmatzen von unersättlichen Mündern zu hören. Das Orchester machte weiter und Romina hatte noch nie etwas so schönes gehört und wollte sich unbedingt den Namen merken, den die Sprecherin gesagt hatte Nummer Zwei Opus Achtzehn, Nummer Zwei… was ist das für ein Müll, macht das Radio aus, sprach einer der Wölfe, und der Dürre uh, uh, das war der Hammer, ohhh ja. Er zog sich vom Körper seiner Beute zurück, die stammelte:
„Nein, macht es nicht aus, lasst wenigstens das an, Opus Achtzehn Nummer Zwei.“
Sie verblieb zusammengekrümmt, mit dem Hintern in der Luft, der vor Schmerz brannte, was machte es ihr schon aus, dass die sie so sahen, Mama Mama, Rachmaninow, Nummer Zwei, Opus…
„Steh auf, Romina, steh auf, Schätzchen, es ist zuende, wir gehen jetzt. Komm, zieh dich an, früher oder später musste das mal passieren, das war unvermeidlich. Steh schon auf, du frierst doch.“
„Ich will nicht.“
„Jetzt sei nicht kindisch“
Aber sie ist ein Kind, dachte Madonna und stieg aus dem Wagen. Mein Gott, wenn Romina in ihr Alter käme, wäre ihre Haut wie ein ausgelatschter Schuh. Sie lehnte sich an das Seitenfenster, um mit ihrem Körper Rominas Nacktheit zu verdecken, die sich mit zitternden Händen anzog.
Die Freier rauchten und stritten leise miteinander. Elfenbein, Jasmina und Ekstaza betrachteten mit erstaunten Gesichtern den großen Müllabladeplatz mit seinen Abfallhügeln, die den Zitzen einer Sau glichen, die mit den Beinen nach oben lag.
Nun, dass sie einmal klassische Musik während einer Orgie hören würden, darauf wäre sie nie gekommen. Madonna lächelte bitter. Sie war die dienstälteste der Bologneser Huren, und was hatte sie nicht schon alles gesehen, doch das wäre ihr nicht im Traum eingefallen.
Das Heulen eines Lastwagens durchschnitt wie ein Messer ihre Gedanken. Sie wandte den Kopf. Die anderen ebenso.
„Uuuhh“, machte eine der Frauen, „da ist ja unser Freundchen, wie auf Bestellung, gerade, wo wir die Hoffnung aufgegeben hatten, dass wir ihn nochmal zu Gesicht kriegen.“
Alle standen sie da mit offenem Mund. Der stotternde Fettwanst wiegte den Kopf und kratzte sich am rechten Ohr. Das war er. Als er aus dem Auto sprang, genau wie einige Stunden zuvor, zweifelte keiner mehr von ihnen. Die gleichen Bewegungen, der gleiche Gang. In der Zwischenzeit humpelte Romina aus dem Wagen und starrte regungslos auf den Müllmann.
Ahmet maß mit dem Auge die Entfernung, von dort, wo er den Laster abgestellt hatte, um die geeigneteste Stelle zu finden, um den Müll auszuladen. Er stieg wieder in sein warmes Führerhäuschen. Von dessen Höhe fiel sein Auge auf die merkwürdige Gruppe, die ihn mit Blicken festnagelte. Die Männer wirkten normal. Die Frauen irgendwelche Flittchen, daran gab’s keinen Zweifel. Er ließ wieder den Motor an, ohne die Gruppe aus den Augen zu lassen.
„Hey, verschwindet der jetzt etwa wieder?“ rief Ekstaza und stürmte geradewegs auf das Vorderteil des Lasters zu. „Eeeh, Jungs, bewegt euch, sonst haut der ab!“ He du, steig sofort aus, ich hab dir was mitzuteilen. Steig aus Mann, oder bist du taub?“
Was will die bloß von mir? Irgendeine Psychopathin, Ahmet war hundemüde, er wollte abladen und… was sagt diese blöde Kuh, ich ein Dieb? Am besten, er würde gleich umkehren und an der entferntesten Stelle abladen, was sollte das Geschrei. Die Männer näherten sich und gingen hinter den Laster, so dass er nicht den Rückwärtsgang einlegen konnte, ohne sie zu überfahren. Die anderen Flittchen versammelten sich an der Front, mit dieser dummen Ziege. Was soll denn das werden, dachte Ahmet laut. Wer weiß, was die für ein Problem hatten und mit wem sie ihn verwechselten, denn sicher hatte sie ihr Problem hierher verschlagen um diese Zeit. Er stieg aus und gab seinem Gesicht einen herzlichen Ausdruck.
„Guten Morgen, Leute!“
„Guten Morgen, deine Mutter! Dieb!“
„Ganz ruhig, du… meine Dame.“ Eine von ihnen kicherte bei dem Ausdruck Dame, die anderen taten keinen Ton. „Warum beleidigst du mich? Kennen wir uns?“
„Wir werden uns kennenlernen, du Früchtchen, und zwar jetzt.“
Der Dürre näherte sich bedrohlich und nahm Ahmet Lamaj in Augenschein, der keine Ahnung hatte, was hier vor sich ging.
„Du halt den Mund, Weibstück. Ich regel das mit diesem Prachtexemplar.“
Er schlug ihm mit der Faust zwischen die Augen und in Windeseile warfen sich die Frauen auf den Fahrer. Der versuchte, sich mit den Händen zu schützen, doch sie waren ganz starr vom Heben der vielen Säcke, er hob die Ellenbogen über das Gesicht und rief:
„Ooohh, langsam, was wollt ihr von mir? Lasst mich in Ruhe.“
Aus seiner Nase lief Blut. Der Dürre hatte sich inzwischen zurückgezogen und kuckte zu. Die anderen Männer machten es ihm nach. Der Wutausbrach der Frauen war schwer zu bremsen. Uns willst du die Kleider klauen, damit wir in natura dastehen mitten in der Nacht, als wir gerade mit unserer Schicht fertig waren und schon längst im Bett sein könnten? Hol sie raus, wo hast du sie hingetan, du verdammter Dieb! Wo sind unsere Kleider, wo ist der Sack?
Ekstaza hielt es für angebracht, ihren Schuhabsatz einzusetzen, anstatt sich die Hände zu ruinieren, hob einen hoch und trat ihn dem blutüberströmten Mann auf den Kopf. Der schlug blindlings nach links und rechts, was die Angreiferinnen nur noch wilder machte. Elfenbeinküste verschränkte nach den ersten Schlägen die Arme und schimpfte in ihrer Sprache. Wie es schien, erfüllte sie das mit einer großen Befriedigung, denn sie fühlte kein Verlangen mehr, körperliche Gewalt anzuwenden. Der Mann versuchte, energischer zu reagieren, doch das Blut, das ihm bis in die Augen gelaufen war, entwaffnete ihn. Sie schlugen ihn bis zum Äußersten zusammen. Die erstaunte Romina verfolgte zitternd die Szene einige Schritte weiter, die Arme wie einen Schal um die Brust gelegt.
„Genug jetzt, ihr habt ihn grün und blau geschlagen“, sagte sie mit schwacher Stimme, aber niemand hörte sie, „genug Mädels, lasst uns die Sachen nehmen und…“
„Was für einen Sack sucht ihr?“ Der junge Mann, der Italienisch mit einem undefinierbaren Akzent sprach, versuchte, sich die von den Prügeln kugelförmig angeschwollene Nase abzuwischen, aber das Blut lief wie Wasser. „Ich hab keinen Sack, ich hol nur den Müll.“
„Ganz genau.“
Die Huren hielten einen Moment inne und sahen ihn, als würden sie ihn zerreißen. Die Freier brachen in Gelächter aus.
„Wartet“, sagte der Stotterer und stammelte noch heftiger, „klären wir erstmal die Lage.“
„Welche Lage, mein Herr? Von was für Sachen ist die Rede?“
Madonna, von einem vorübergehenden Gerechtigkeitsempfinden erfasst, reichte ihm einen dreckigen Fetzen, den sie auf dem Boden gefunden hatte und gab den anderen ein Zeichen, dass sie sich beruhigen sollten.
„Wir hatten unsere letzte Schicht mit denen da, siehst du?“ Sie wies mit Verachtung auf die vier Männer. Der Fahrer nickte, ohne die Hände vom Gesicht zu nehmen. „Als war die Sache mit denen in der Nähe vom Wald erledigten, kamst du, um den Müll auf deinen Laster zu laden, und zusätzlich hast du auch den lilafarbenen Sack mitgenommen, wo wir unsere Sachen reintun für Schichtende. Aber wir haben es zu spät kapiert, denn hätten wir dich in dem Moment geschnappt, hätten wir gewusst, wie wir mit dir abrechnen.“
Der Fahrer öffnete den Mund und glotzte ungläubig. Von dem schmutzigen Lappen glich sein Gesicht einer Landkarte aus Staub und Blut.
„Der Blitz soll mich treffen, wenn ich daraus schlau werde“, sagte er, „ich weiß nicht, was für einen Sack ihr meint und was ihr von mir wollt.“
„Wegen dir haben uns die da gratis gevögelt, und wir stehen immer noch hier und quatschen rum mit einem Stück Scheiße wie dir. Der Chef wird in der Wohnung auf uns warten und verlangen, dass wir ihm das Geld aushändigen, und wir haben nichts, was wir ihm geben können. Entweder du holst die Kleider jetzt sofort raus, oder wir machen ein Sieb aus deinem Kastratenschädel. Steig ein und lad aus!“
Er stieg unentschlossen ein und betätigte den Hebel, um den Laster auszuladen, der hintere Teil öffnete sich und eine Abfalllawine ergoss sich auf die Erde. Da ist ja, Mensch, da sind die Kleider, ooohh Mädels, wir haben sie gefunden, Gott sei Dank. Sie stürzten sich wie Hyänen auf den lilafarbenen Sack, sie zerfetzten ihn. Gott sei Dank, dachte Romina wie im Fieber, hoffentlich sind meine Sachen auch alle da drin, die ganze Tortur hatte ein Ende, als erlösche dieses verfluchte brennende Gefühl in ihr. Der Fahrer stieg in einem Automatismus aus dem Laster, bereute es aber sofort, als er den Fuß auf die Erde setzte. Warum steige ich aus? fragte er den Himmel, der erstaunter als er selbst wirkte. Er sah die junge Puttana, wie sie ihre Hülle abstreifte und auf den Boden warf, um sich mit zittrigen Händen umzuziehen. Ahmet stellte wieder einen Fuß auf das Treppchen des Lasters. Doch er entschied sich anders. Er wandte sich an die Männer, die sich bereit machten, die Huren mit ihrem Opfer alleinzulassen.
„Lasst uns wenigstens diese Sache mit dem Diebstahl klären“, sagte der Fahrer. Dass ich verprügelt werde von ein paar… und mir dann auch noch der Stempel des Diebes aufgedrückt wird wegen dem bisschen Plunder, das kann ich nicht so stehenlassen.“
Sie sahen ihn völlig distanziert an. Wenn sie nicht so müde gewesen wären, hätten auch sie ihn nochmal kräftig zusammengeschlagen.
„Bring du die jetzt nach Hause, wir haben unsern Teil erledigt, und nächstes Mal keine Nuttenkleider stehlen, Blödmann.“
Sie beließen es dabei und gingen auf ihre Autos zu.
„Hey, wartet!“ Ahmet war auf dem Gipfel der Verzweiflung und meinte, er würde ohnmächtig. „Wer bringt mich ins Krankenhaus? Ich glaube, ihr habt mir die Nase gebrochen.“
Die Frauen zogen die eisigen Kleider an, das Bedürfnis nach Rache leuchtete aber noch aus ihren Augen. Elfenbein plapperte weiter in ihrer Sprache.
„Bringt ihn ins Krankenhaus, den armen, seht ihr nicht, wie ihr ihn zugerichtet habt?“
Romina hatte sich wieder etwas gefasst. Die anderen drehten sich nach ihr um, als sähen sie ein Gespenst. Lass die Sprüche und mach nicht auf Mutter Teresa, sagte ihr Elfenbein erschöpft.
„Der Arme“, sagte Romina auf albanisch. „Sieht gar nicht aus wie ein Dieb.“
Ahmet Lamaj wandte verwirrt den Kopf. Zum Teufel, sagte er zwischen den Zähnen, die spricht doch… und wenn sie, vom Aussehen her, ich glaube, sie ist… sie spricht sogar auf…
„Was hast du gesagt?“ sagte er und riss die Augen weiter auf. „Du bist Albanerin, du bist… So tief bist du gesunken?“
Romina näherte sich ihm mit wankenden Schritten, die Männer waren nun fast in den Autos verschwunden und die Frauen verfolgten sie mit Rufen, sie sollten sie nicht allein zurücklassen.
„Sag mir, wer ich bin?“
Romina war jetzt wütend. Sie legte die Hände bedrohlich in die Hüften und von hinten, von wo sie die Gaffer beobachteten, wirkte sie lächerlich und vollkommen wehrlos.
„Ich hab dich nicht erkannt, du hast dich zu sehr verändert.“
Ahmet betrachtete die zerlaufene Schminke der Frau, und die Leere in seinem Magen nahm zu. Was zum Teufel ist das für eine Sprache? dachte Elfenbeinküste, ging in Rominas Nähe und griff sie an den Schultern, die bemerkte es aber gar nicht.
„Na los, sag doch, wer ich bin!“
„Du bist Romina, die Tochter von Dzaferis.“
„Hmmm, die Romina, die Tochter von Dzaferis. Und jetzt, was bin ich jetzt? Mach doch dein stinkendes Maul auf, was bin ich jetzt?“
Ahmet kratzte sich am Kopf, mach, dass mich die Knie tragen, mach, dass ich nicht umfalle. Das Gesicht der ehemaligen Nachbarin verschwamm vor seinen Augen.
„Jetzt bist du… Romina von den Dzaferis.“
„Du lügst, du Schwein, jetzt bin ich eine Nutte, ich bin eine dreckige Nutte und sicher lachst du jetzt gerade über mich in deinem verfaulten Albanergehirn.“
„Nein“, hob Ahmet zur Verteidigung an, obwohl sein Verstand ihm sagte, ja, genau so ist es, jetzt war sie wirklich nur noch eine dreckige Nutte, aus diesem schönen und zerbrechlichen Mädchen, das sie einmal gewesen war, ist diese Nutte geworden, so wie aus dem wunderbaren Mechaniker, der er einst gewesen war, nur ein abgestumpfter Abfallkutscher übriggeblieben war. „Wer sagt dir, dass ich so denke? Ich…“
„Du verachtest mich, weil ich so heruntergekommen bin? Ich erklär dir mal, was deine Ehre und Hochnäsigkeit wert ist, du Schuft, denn wenn ich eine Nutte bin, bist du ein Dieb von Nuttenkleidern, du stehst mir also in nichts nach.“
„Du bist eine Hure, ich bin kein Dieb.“
Romina spuckte ihm mit aller Kraft ins Gesicht. Sie ging los, doch mitten auf dem Weg drehte sie sich nach ihm um, noch wütender.
„Dieser Dreckskerl nennt mich Nutte. Mädels, ein Penner wie der da hat den Nerv und nennt mich Nutte. Er hat den Nerv, uns alle so zu bezeichnen wie den Müll, den er in den Containern sammelt. Er denkt, er sei was besseres als wir.“
„Und was sollen wir jetzt tun?“ brüllte Ekstaza so laut sie konnte.
„Wir schlagen ihn zusammen.“Und diesmal waren wirklich alle vereinigt, Opfer und Gebieter. Einer benutzte seine Hände, ein anderer die Schuhe, die leeren Müllsäcke, Teile von zerbrochenen Stühlen, und sie verdroschen den Fahrer nach Leibeskräften.
Als die Polizei ankam, siechte Ahmet Lamaj auf dem Boden dahin, zwischen einer Blutlache und zermahlenen Knochen. Zwei Katzen strichen um den Mann herum, ohne ihn zu beachten, sie waren auf eigene Rechnung da, sie rochen aneinander, bevor sie sich ans Fell ging, was hatten sie schon mit dem Menschling zu tun, der da auf der Erde dahinsiechte?
Die vier Autos mit den fünf Huren darin waren im lauten Frühling verschwunden, zwischen der Sonne, die nun endlich hervorgetreten war, um ein wenig zu wärmen, die Gaunerin, die. Die Autos luden die Frauen vor der Bude ab, wo sie wohnten.
„Hoffentlich läuft es nächstes Mal glimpflicher ab.“
Sie grüßten die Männer spöttisch. So, das hätten wir, murmelte Ekstaza mit schleppender Stimme und besah sich ihre Hollywoodbeine.
Übertragung: Florian Kienzle, 2010